Resümee 2019

Mein Saison-Rückblick fällt dieses Jahr sehr (selbst)kritisch aus. Es ist schwer für mich, eine von einer langwierigen Verletzung geprägten Saison fair zu bewerten. Dabei sehe ich nicht alles grundsätzlich negativ, bewerte nicht nur die Wettkämpfe, sondern ganzheitlich selbstreflektierend meine eigene persönliche Entwicklung, Erfahrungen und Eindrücke, welche ich im letzten Jahr gemacht habe.

Begonnen habe ich meine Saisonvorbereitung mit einer richtungsweisenden Entscheidung bereits im Herbst vergangenen Jahres: Weil alle ambitionierten Athletinnen einen Coach haben, sollte auch mich ein Trainer entscheidend weiter voran bringen. Trainer gesucht – Trainer gefunden.
Ich habe erstmals über viele Monate minutiös nach Plan trainiert. Immer das „Teufelchen“auf der Schulter, welches einem ins Ohr flüstert: „Wenn Du den Plan nicht einhältst, sind deine Ziele in Gefahr.“

Im Frühjahr bin ich meiner alten Laufform im wahrsten Sinne des Wortes „hinterher gelaufen“.
Beim Triathlon Saisonauftakt in Ingolstadt war ich dann eigentlich ganz gut unterwegs. Doch mit zunehmender Intensität und immer höheren Trainingsumfängen hat meine Hüfte die Notbremse gezogen.
Deshalb habe ich auch bei meinem Lieblingsrennen am Rothsee auf das Laufen verzichtet und den Wettkampf nach dem Radfahren abgebrochen. Alles mit Rücksicht auf meine erste Langdistanz in Roth.

Ich konnte in Roth starten und auch den Wettkampf ganz ordentlich beenden. Wenngleich ich beim Laufen und nach dem Rennen so große Schmerzen hatte wie nie zuvor, bleibt für mich die Erkenntnis: Ich kann Langdistanz und das ist auch die Distanz, welche mir trotz allem den größten Spaß bereitete und auf welcher ich mich langfristig sehe.
Dass die angeschlagene Hüfte nach solch einer Belastung nicht gerade „hurra“ schreit und wieder eine wochenlange Laufpause einforderte, war zu erwarten. Mental hat mich diese Phase wirklich gefordert. Ich war es gewohnt, dass mein Körper funktioniert und musste erst lernen, meine Verletzung zu akzeptieren. Glücklicherweise haben wir Triathleten bei Verletzungen immer Alternativen parat, auf welche wir zur Not ausweichen können.

Auf den Frankfurter City Triathlon habe ich dann auch noch verzichtet. Dieses Mal mit Rücksicht auf die WM in Nizza. Erst etwa vier Wochen vor der 70.3 WM (es war der 10.August und ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind an Weihnachten) konnte ich erstmals wieder einige Kilometern schmerzfrei Laufen. Freilich konnte ich nicht mehr die versäumten Umfänge nachholen und von meiner früheren Laufstärke weit entfernt, aber immerhin waren fünf bis sieben Kilometer wieder möglich.
Obwohl ich also nicht annähernd in Bestform war, wollte ich mir den Start bei der 70.3 WM in Nizza nicht nehmen lassen.

Ich war dann deutlich (17 Minuten) langsamer als im Vorjahr. Meine Endzeit aus dem Vorjahr hätte dieses Jahr eine Podiumplatzierung bedeutet. Die neue Vize-Weltmeisterin meiner Altersklasse hatte ich 2018 an gleicher Stelle noch besiegt.
Positiv war die Erkenntnis, einen Halbmarathon wieder Schmerzfrei laufen zu können. Die Rückkehr zu alter Stärke ist für mich die größte Motivation für die nächsten Monate. Und das Ganze jetzt wieder wie in den Jahren zuvor: Ohne Trainer.

Jetzt weiß ich: Ein Trainer macht für mich in Zukunft nur Sinn, wenn er mich auch persönlich regelmäßig sieht, regulierend eingreifen kann, mich dadurch besser kennen lernt und somit auch weiß, wie ich ticke. Er muss mir in die Augen schauen können um zu sehen, wie ich mich fühle und was für mich in diesem Moment das Beste ist. Vielleicht bin ich aber auch einfach noch zu jung und unerfahren um selbst „Stopp“ zu sagen, wenn das Training nicht passt oder zuviel wird.

Ich hatte einen guten Weg verlassen auf der Suche nach einem noch Besseren. Dieser Weg endete leider in einer Sackgasse. Kurskorrektur meinerseits, weil das Ziel weiterhin besteht.
Ich habe neue Erfahrungen und auch Fehler gemacht. Fehler zu machen und aus diesen zu lernen, heißt für’s Leben zu lernen. Ich weiß heute, dass der zu Anfang eingeschlagene Weg der eigentlich Richtige für mich war.

Das Training muss eben nicht immer Sinn machen. Es reicht schon, wenn es uneingeschränkt Spass macht.

Ich bin mir sicher, dass im nächsten Jahr bzw. im Finaljahr meiner „Vision 2020“ wieder die „alte“ Luisa (in alter Stärke) an der Startlinie stehen wird.

#comebackstronger

Eure

LUISA LOGO SCHRÄG NEU

Ironman 70.3 World Championship Nizza

Irgendwie war heute Morgen eine ganz besondere Stimmung. Logischerweise  war ich mächtig aufgeregt, schließlich bin ich heute erstmals Teilnehmerin einer Weltmeisterschaft. Letztes Jahr empfand ich Nizza bereits als Mega – Veranstaltung. Was sich aber hier gestern und auch heute abspielte, hat noch einmal alles getoppt, was ich bisher erleben durfte. 5706 Athletinnen (Samstag) und Athleten (Sonntag) aus aller Herren Länder suchten hier ihre Sieger. Überall top durchtrainierte Körper, welche alle bis zur letzten Minute ihre Körper stählen und mir dadurch im Vorfeld ein mega schlechtes Gewissen bereiteten. Die Organisation einer einer solchen Veranstaltung inmitten einer Metropole wie Nizza ist wirklich einer Weltmeisterschaft  würdig und der absolute Hammer.

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Im Hintergrund wird geschwommen. Vorne der Bike-Park.

Wie immer am Renntag hat der Wecker auch heute drei Stunden vor dem Start geklingelt. Dann das übliche Procedere: Wettkampfverpflegung für die Radflaschen anrühren, Startnummerntattoo aufbringen, kleines Frühstück und dann ging es auch schon Richtung Promenade des Anglais. Hier war der Bereich für Start, Wechselzone 1 und Ziel. Mein Rad und die Wechselbeutel hatte ich ja bereits gestern eingecheckt und mir auch die Laufwege in den Wechselzonen verinnerlicht. Im Gegensatz zum Vorjahr hatten wir heute aufgrund der vielen Starter zwei Wechselzonen. Eine an der Promenade für den Wechsel aufs Rad und eine weitere ins landesinnere versetzte Wechselzone für den Wechsel vom Rad in die Laufschuhe. Somit war heute nur noch das Rad aufzupumpen und mich Richtung Start zu begeben.

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Dann endlich der Startschuss für die Profi – Damen. Wir Altersklassenathleten der 18-24 jährigen wurden erst rund 90 Minuten später per Rolling-Start ins Wasser geschickt. D.h. alle 10 Sekunden starten zehn Athletinnen ihr Rennen. Die Zeit zählt ab dem Moment, wenn man mit seinem Zeitnahmechip die Zeitnahmematte am Start überquert. Der Nachteil vom Rolling-Start ist, dass die endgültige Platzierung erst später im Ziel feststeht. Schließlich kann eine schnellere Athletin erst später gestartet sein. Ein großer Vorteil dieser Startmethode ist, dass die Schlägerei im Wasser wesentlich verringert wird und dass auch beim Radfahren das Windschattenproblem entzerrt wird. Aber dieses Problem erledigt sich in Nizza aufgrund der sehr selektiven Radstrecke von alleine. Der für mich größte Nachteil im Gegensatz zum Massenstart war heute aber die lange Wartezeit im Startbereich, da die Wechselzone mit dem Start der Profis verlassen werden musste.

Endlich mein Start. Die Schwimmstrecke war dieses Jahr rechts herum zu absolvieren. Somit mussten wir nicht wie im Vorjahr gegen die aufgehende Sonne ankämpfen. 800 m raus aufs Meer, Rechtskurve und nach weiteren 400m wieder zurück. Irgendwie bin ich heute völlig orientierungslos herum gepaddelt. Das Schwimmen fühlte sich bei mir heute irgendwie ohne Druck an – eher wie baden. Nach einer für meine Verhältnisse mäßigen Schwimmleistung hatte ich nach 32.32 Minuten das Schwimmen auf Rang 30 in meiner Altersklasse beendet und machte mich auf den Weg in die megalange Wechselzone zu meinem Rad. 5700 Räder brauchen eben ihren Platz.

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Die ersten zehn Radkilometer waren flach, bevor es mit einem steilen Anstieg beginnend in die Berge ging. Bis etwa zur Hälfte der 92 km langen Runde ging es ab hier immerzu bergan bis wir erst den Cool de Vence und dann den höchsten Punkt mit einer Höhe von 1023m passiert hatten. Die Radfahrbeine waren heute vom Gefühl her ganz gut und ich konnte bis dahin ordentlich Plätze gut machen. Zwischenstand hier war Rang 15. Auf den nun folgenden langen Abfahrten wollte ich mich bezüglich meinem Fahrverhalten an meinen Konkurrentinnen orientieren. Ich wusste, dass ich nicht die beste Abfahrerin bin und habe auch heute so wenig wie möglich aber dennoch so viel wie nötig riskiert. Einige Plätze (3) habe ich auf der Abfahrt dann doch verloren, bevor es am Ende wieder flach Entlang der Cote d´ Azur ins Zentrum von Nizza ging.

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Der Wechsel in meine Laufschuhe war schnell vollzogen und es ging auf Rang 18 zum ersten Wendepunkt in Richtung Flughafen bei Kilometer sechs. Ich wollte auf der kompletten Halbmarathonstrecke ein möglichst gleichmäßiges Tempo anschlagen.

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Auch hier habe ich aus meinen Erfahrungen aus dem Rennen im Vorjahr gelernt, wo ich auf den letzten fünf Kilometern völlig eingebrochen bin. Meine Halbmarathonzeit von 1:35:26 Stunden bedeuteten einen Schnitt von  4:32 Minuten pro Kilometer. Mit dem Laufen konnte ich heute in Anbetracht meiner langen Verletzungspause wirklich zufrieden sein.

 

Mit meiner Endzeit von 5:20:30 Stunden hingegen weniger. Im Vorjahr war ich ganze 17 Minuten schneller, was heuer das Podium gewesen wäre. Natürlich weiß ich, dass man Wettkämpfe nicht vergleichen kann bzw. sollte (kleinere Streckenveränderungen, Witterung etc.), aber 17 Minuten sind schon eine Hausnummer. Insgeheim habe ich mir im Vorfeld eine Top 10 Platzierung ausgerechnet. Letztendlich stand Rang 16 in einem wirklich klasse Feld zu Buche.

Das Wichtigste heute aber war für mich: Ich war erstmals wieder absolut Schmerzfrei!

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Die größte Belohnung im Ziel: Teinacher Schwarzwaldwasser

Die Triathlonsaison 2019 ist somit für mich abgeschlossen. Viel Lehrgeld habe ich heuer bezahlt, erste Konsequenzen aus den letzten Monaten bereits getroffen. 

Ein ausführlicher Jahresrückblick samt Resümee folgt.